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ARM ODER REICH SEIN – EINE ANALYSE DANI RODRIK REFERIERTE ÜBER UNGLEICHHEIT

„Globale Gleichheit und nationale Ungleichheiten“ lautete das Thema, zu dem der US-Wirtschaftsprofessor Dani Rodrik (London School of Economics, Harvard, Columbia) im Rahmen des Wirtschaftsfestivals von Trient heute referierte. Er wollte die gefesselte Zuhörerschaft eingangs darüber aufklären, was man unter Reich und Arm wissenschaftlich zu verstehen hat. Reich ist man, wenn man zu den fünf Prozent Bevölkerung eines Landes mit Spitzeneinkommen gehört; arm, wenn man zu den fünf Prozent Bevölkerung mit dem niedrigsten Einkommen in einem Land gehört.

Und dann stellte er den Zuhörerinnen und Zuhörern die Frage: „Möchten Sie lieber reich in einem armen Land oder arm in einem reichen Land sein“. Etwas mehr als die Hälfte der erhobenen Hände waren für „arm in einem reichen Land“. Und sie hatten recht, wie der Professor erklärte: Auch wenn man in einem reichen Land zu den „untersten fünf Prozent gehört“, ist man im Vergleich zu einem armen Land immer noch etwa viermal so reich wie dort die fünf Prozent Reichen. Weil ein reiches, sozial und wirtschaftlich hoch entwickeltes Land auch seinen ärmeren Bürgern insgesamt mehr von dem biete, was man sich unter „reich sein“ vorstellen könne.
Rodrik verwies darauf, dass die Ungleichheit zwischen Reich und Arm, die in den so genannten fortschrittlichen Ländern in den letzten Jahren größer geworden sei, in aufstrebenden Ländern hingegen reduziert werden konnte, und zitierte das Beispiel China, wo in den letzten Jahrzehnten durch ein beispielloses Wachstum Hunderte von Millionen Menschen in die so genannten Mittelklasse aufgestiegen seien. Und dieser Trend in Richtung Abbau der Ungleichheit werde andauern.
Dieser Aufstieg sei möglich geworden, weil Investitions- und Handelsbarrieren zum Teil abgebaut und damit die Exporte gesteigert werden konnten, was besonders auf China zutreffe. Der Abbau von Grenzen, auch gegenüber der Migration, habe durchaus zu Wachstum geführt. Allerdings geben es auch diesbezüglich Grenzen; die fortschrittlichen Länder seien sich im Klaren, dass durch übermäßig wachsende Immigration ihre demokratischen Systeme und auch ihre kulturellen Gegebenheiten in Gefahr geraten könnten.
Als Beispiel für massivste Immigration nannte der Vortragende die Emirate und einige Staaten am persischen Golf, wo allerdings die Einwanderung von Arbeitskräften durch eine brutale Gesetzgebung weit vom Niveau einer sozialen und toleranten, humanen Behandlung entfernt gehalten werde.